Verhütung darf nicht am Geld scheitern (kostenfreier Zugang für alle)

Wir fordern die Übernahme aller Kosten für Verhütung

Diese Initiative wurde angenommen.

Initiator*innen
Dirk Oehler
Sara
Anne Isakowitsch
Veröffentlicht am
1. Juli 2017
Bereich
Gerechtigkeit und Verantwortung füreinander
Einordnung
Einzelinitiative
Ebene
Bund

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Abgelehnt

Verhütung darf nicht am Geld scheitern (für finanziell Benachteiligte)

Wir fordern die Übernahme der Kosten für Verhütung für Menschen die finanziell benachteiligt sind.

chevron_rightzur Einzelinitiative
Ergebnis der Abstimmung

Diese Initiative wurde angenommen.

thumb_up 66
thumb_down 25

91 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.

Das waren 24 Prozent aller 384 Abstimmungsberechtigten.

Diese Initiative unterscheidet sich nur durch die Forderung von der Initiative: "Verhütung darf nicht am Geld scheitern (für finanziell Benachteiligte)". Die Punkte Zusammenfassung, Problembeschreibung, Kosten, Finanzierungsvoschlag und auch Arbeitsweise sind identisch:

Mehr und mehr Menschen weichen auf unsichere Methoden aus oder verhüten gar nicht, weil das Geld nicht reicht. Nur bei jungen Frauen bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten. Ansonsten müssen sie selbst getragen werden, auch von Personen, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen. Vielen von ihnen fehlt schlicht das Geld. Aber Verhütung darf aber nicht am Geld scheitern. Jeder Mensch hat das Recht, unabhängig von seinem/ihrem sozialen Status, die Verhütungsmethode zu wählen, die zu ihm oder ihr passt, größtmögliche Sicherheit bietet und für sie/ihn gesundheitlich verträglich ist. Die Übernahme der Verhütung vermeidet unerwünschte Schwangerschaften, gesteht jeder Familie und jeder Frau Familienplanung zu und bedeutet eine Reduzierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Wir fordern die Übernahme aller Verhütungskosten!

Problembeschreibung

Art. 9 und 7 der Charta der sexuellen und reproduktiven Rechte der IPPF, aufgegangen in Erklärung der sexuellen Rechte der WHO, 2002 besagen: „Das Recht auf Gesundheit...“ und „Das Recht auf freie Entscheidung für oder gegen ... die Gründung und Planung einer Familie sowie das Recht zu entscheiden, ob, wie und wann Kinder geboren werden sollen“ ist neben den Menschenrechten eines der wesentlichen Rechte eines Menschen.

Ungewollt Schwangere klagen zunehmend über die hohen Kosten sicherer Verhütungsmittel. Mehrere aktuelle Studien belegen, dass mehr und mehr Frauen auf unsichere Methoden ausweichen oder gar nicht verhüten, weil das Geld für Pille oder Spirale nicht reicht. Das Bild der Frau, die „aufgeklärt und langfristig ihre Bildungswege und Berufskarriere plant“, die über Zugang zu Verhütungsmitteln verfügt, entspricht nicht der Realität. Die ökonomische Situation ist sehr oft eine andere. Manchen von ihnen fehlt schlicht das Geld für die für sie richtige Methode. Aber Verhütung darf aber nicht am Geld scheitern. Jeder Mensch hat das Recht, unabhängig von ihrem/seinem sozialen Status, die beste Verhütungsmethode zu wählen, die zu ihr/ ihm passt, größtmögliche Sicherheit bietet und für sie/ihn gesundheitlich verträglich ist. Die Gesundheit, die Freiheit und die Bürgerrechte werden beim Zugang zu sicherer und erschwinglicher Verhütung verteidigt.

Fast alle Verhütungsmittel (außer Kondome, Portiokappe, Sprays, Gele, Vaginaltabletten und Schaumzäpfchen) müssen über ein Rezept bezogen werden. Nur bei jungen Frauen bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten (§ 24a SGB V). Alle anderen müssen selbst die finanziellen Mittel aufbringen. So auch Frauen, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen, müssen ab ihrem 20. Geburtstag Verhütungsmittel grundsätzlich selbst bezahlen. Wer staatliche Leistungen erhält, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, kann sich ärztlich verordnete Verhütungsmittel oft nicht leisten. Denn es gibt keine Einzelfallhilfe nach sozialen Kriterien für besonders benachteiligte Frauen, für junge Frauen in Ausbildung, für Schülerinnen oder Studentinnen und auch nicht für obdachlos gewordene Menschen, die das 20. Lebensjahr erreicht haben. Es sind keinerlei Hilfen für diese Frauen vorgesehen oder verfügbar.

Bis 2004 gab es im Sozialgesetz eine sogenannte „Hilfe zur Familienplanung“. Das Sozialamt übernahm die Kosten für Verhütungsmittel, die der Arzt oder die Ärztin verschrieb. Durch die Hartz-IV-Gesetzgebung fiel diese Möglichkeit weg. Anstatt dass die realen Kosten übernommen werden, bekommen die Menschen seither einen Regelsatz, der eine Pauschale für „Gesundheitspflege“ in Höhe von 17 Euro enthält. Von dieser Pauschale müssen Hartz-IV-Empfängerinnen alle benötigten nicht-verschreibungspflichtigen Arznei- und Heilmittel (wie z. B. Kopfschmerztabletten oder Heuschnupfenmittel) bezahlen. Aber eben auch Verhütungsmittel. Eine monatliche Pillenpackung kostet zwischen 4,50 und 22 Euro, der Verhütungsring 16 bis 22 Euro pro Monat. Spiralen und Implantate sichern die Verhütung für mehrere Jahre und sind auf lange Sicht kostengünstiger. Aber die einmaligen Kosten liegen bei 300 bis 400 Euro. Wie sollen diese Kosten aus dem Regelsatzbetrag von Hartz-IV bestritten werden? Ein Ansparen ist kaum möglich.

Einzelne Städte und Länder haben mittlerweile kommunale Lösungen gefunden. Bei limitierten finanziellen Mitteln reicht das Geld oft nur einige Monate. Bestimmte und vor allem teure Methoden wie Sterilisation werden oft gar nicht übernommen. Und gerade diese Methoden können Menschen mit niedrigem Einkommen selbst nicht finanzieren.

Die Übernahme der Kontrazeption würde unerwünschte Schwangerschaften vermeiden, jeder Familie und jeder Frau Familienplanung zugestehen und eine Reduzierung der Schwangerschaftsabbrüche bedeuten.

Forderung

Die Planung der Familie ist eine Entscheidung, die eng mit gesellschaftlichen Werten, Folgen und Aufgaben verknüpft ist. Deshalb muss die Gesellschaft hier mehr Verantwortung übernehmen. Für Menschen, die knapp über der Grenze für eine Leistungsberechtigung nach dem SBG, Bafög oder anderen Hilfen liegen, können auch 20 € im Monat schmerzhaft sein. Deshalb sollten die Kosten über die Steuer abgedeckt werden. So ist die gerechteste Bezahlung zu erreichen. Deshalb fordern wir: alle Personen sollten von den Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung befreit werden. Eine Rezeptgebühr darf nicht erhoben werden.

Da Paare (hetero- und homosexuelle) häufig zusätzlich aber auch als einziges Verhütungsmittel Kondome oder anderes benutzen (zur Verhinderung der Übertragung von Infektionen) und Bedürftige auch Recht auf Verhütung und Schutz haben müssen, sollen auch Kondome (Femidome), Portiokappe, Sprays, Gele, Vaginaltabletten und Schaumzäpfchen für alle Personen frei zugänglich sein. Kondome sollen überall wie bisher frei verkauft werden dürfen. Sie sollten nicht überall umsonst ausliegen, damit ein ressourcenschonender Umgang gewährleistet ist. Damit aber Menschen, die sich diese Kosten nicht leisten können (oder wollen) auch die Chance haben, an kostenbefreite Verhütungsmittel zu kommen, müssen in allen Arztpraxen Kleinpackungen von Kondomen kostenlos bereit stehen. Alle anderen Verhütungsmittel wie Portiokappe, Sprays, Gele, Vaginaltabletten und Schaumzäpfchen können ebenfalls auf ein vom Arzt ausgestelltes Rezept in der Apotheke abgeholt werden.

Kosten

Mehrere Studien zeigen, dass das kostenlose Angebot an Verhütungsmitteln, durch die Reduktion von ungewollten Schwangerschaften und der damit verbundenen Kosten, mehr öffentliches Geld spart als es Kosten verursacht. In der Initiative „Verhütung darf nicht am Geld scheitern (für finanziell Benachteiligte)“ werden hohe Kosten für die Verwaltung entstehen, was hier durch die insgesamt höheren Kosten allerdings übertroffen wird.

Finanzierungsvorschlag

Die Finanzierung soll mit über das solidarische Modell der Finanzierung durch die Allgemeinheit (Steuermittel) abgewickelt werden. So werden nicht nur in der Mehrheit Frauen durch die Kosten der Verhütung belastet, sondern die gesamte Gesellschaft trägt die Kosten.

Arbeitsweise

Die Daten, auf die sich diese Initiative stützt, stammen aus wissenschaftlich fundierten und belastbaren Quellen oder wurden durch die Expertise von Betroffenen sowie im Gesundheitssektor tätigen Menschen eingebracht. Wir haben uns an den Forderungen von ProFamilia (Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung) orientiert. Eine Übersicht der Quellen, auf die sich Teile der ausgearbeiteten Forderungen stützen:

• Dr. Carola Bury, Referentin für Gesundheitspolitik Arbeitnehmerkammer Bremen: "Das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung, zwischen Menschenrecht, persönlicher Lebensplanung und sozialen Risiken" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/444/vortrag-1.pdf • Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Universität Gießen, Sachverständige 1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Expertin für Frühe Hilfen: "Kosten und Nutzen Früher Hilfen - Was Frühe Hilfen mit Familienplanung & Kosten von Verhütung zu tun haben" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/451/vortrag-2.pdf • Peipert, M. D. "Abortion rates fall with free contraception." CONtRACEPtIVE tECHNOLOgy UPDAtE (2012). • Petra Schmittner, Frauenbüro Lübeck: "Übernahme der Kosten ärztlich verordneter Verhütungsmittel – Vorstellung verschiedener Modelle" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/451/vortrag-2.pdf • frauen leben 3 - Familienplanung im Lebenslauf von Frauen Forschungsbericht - Schwerpunkt: Ungewollte Schwangerschaften https://publikationen.sexualaufklaerung.de/cgi-sub/fetch.php?id=856 • Siegel, Niel S., and Reva B. Siegel. "Contraception as a Sex Equality Right." Yale LJF 124 (2014): 349. • http://www.profamilia-sh.de • Trussell, James. "The cost of unintended pregnancy in the United States." Contraception 75.3 (2007): 168-170. • Foster, Diana Greene, et al. "Cost savings from the provision of specific methods of contraception in a publicly funded program." American Journal of Public Health 99.3 (2009): 446-451. • Lule, Elizabeth, Susheela Singh, and Sadia A. Chowdhury. "Fertility regulation behaviors and their costs: Contraception and unintended pregnancies in Africa and Eastern Europe and Central Asia." (2007). • Secura, Gina. "Long-acting reversible contraception: a practical solution to reduce unintended pregnancy." Minerva ginecologica 65.3 (2013): 271-277.

Argument der Initiator*innen

Verhütung ist ein Menschenrecht. Mit der Vergrößerung der Schere zwischen arm und reich weichen mehr und mehr Frauen auf unsichere Methoden für sie billigere aber nicht unbedingt am besten geeignete Verhütungsmittel aus oder sie verhüten gar nicht, weil sie kein Geld dafür zu Verfügung haben. Dies führt zu ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüchen.

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Abgelehnt

Verhütung darf nicht am Geld scheitern (für finanziell Benachteiligte)

Wir fordern die Übernahme der Kosten für Verhütung für Menschen die finanziell benachteiligt sind.

chevron_rightzur Einzelinitiative
thumb_up
PRO
Unbedingt unterstützenswert
thumb_up
PRO
Prinzipiell dafür, aber mir kommt es so vor, als wäre der "Verhütungswahn" ebenso verantwortlich für unsere niedrige Geburtenrate ...
Es wurden keine Vorschläge eingebracht.