Respekt für geistige Leistung und künstlerische Arbeit

Künstler*innen und Urheber*innen können nur von ihrem Beruf leben, wenn sie dafür bezahlt werden. Firmen wie Google kämpfen dafür, das europäische Urheberrecht auszuhebeln. Das ist das Ende der "mittleren" und "kleinen" Künstler*innen. Übrig bleiben nur noch noch die großen US-amerikanischen Firmen. Die europäische Kultur wird ausgeblutet.

Diese Initiative wurde angenommen.

Initiator*innen
Julia Beerhold
Alexander Plitsch
Donald Houwer
Veröffentlicht am
2. Juli 2017
Bereich
Gerechtigkeit und Verantwortung füreinander
Einordnung
Einzelinitiative
Ebene
Bund

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Abgelehnt

Urheberrecht im Dienst am Gemeinwohl

Das 21. Jahrhundert braucht andere Regeln des Umgangs mit immateriellen Gütern als das bisherige Urheber- und Patentrecht.

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Ergebnis der Abstimmung

Diese Initiative wurde angenommen.

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84 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.

Das waren 22 Prozent aller 385 Abstimmungsberechtigten.

Text der Initiative

Künstlerinnen und Urheberinnen sind darauf angewiesen, für die "Produkte" ihrer Arbeit bezahlt zu werden.

Die Argumentation, dass alle Inhalte im Netz frei verfügbar sein sollen, ist eine faktische Enteignung der Künstlerinnen und Urheberinnen und verkennt tatsächliche Marktstrukturen und Kräfteverhältnisse.

Die Menschen, die von Berufs wegen Inhalte herstellen, die im Netz verbreitet und geteilt werden, müssen davon leben können - sonst gibt es nur noch "Hobby-Kunstschaffende" und keine nennenswerte Kulturbranche mehr in Europa.

Wer zum Beispiel Hörspiele herstellt, muss zunächst viele Kosten tragen. Er/sie verdient erst über die Lizenzen Geld - die Kosten für Räume, Techniker*innen, Material, Arbeitszeit, von der Ausbildung ganz zu schweigen.

Wer Filme macht, muss damit Geld verdienen können, wenn sie verbreitet werden.

Musiker*innen sind darauf angewiesen, dass für ihre Musik bezahlt werden.

Wir möchten mit dieser Initiative auf die komplexen Zusammenhänge und die anti-demokratischen Auswirkungen aufmerksam machen, die ein "falsch verstandenes" Urheberrecht für die europäische Kulturwirtschaft mit sich bringt.

Problembeschreibung

US-amerikanische Firmen wie Google stecken seit langem jährlich Millionen Euro in deutsche Universitäten, Think Tanks u.a., um ein positives Image für die faktische Enteignung von Kunst- und Kulturschaffenden aufzubauen.

Damit haben sie es mit beispiellosen Kampagnen geschafft, ein positives Image aufzubauen für die Enteignung (vor allem) europäischer Künstlerinnen. Sie haben erreicht, die Verwertungsgesellschaften in einem schlechten Licht da stehen zu lassen, und den "Userinnen" vorzugaukeln, es seien die Verwertungsgesellschaften, die die Künstler*innen ausbeuten würden.

Dabei ist es vor allem ein Unternehmen wie Google, das sich in geradezu frühkapitalistischer Manier an der Arbeit von Kunstschaffenden bereichert, ohne diese angemessen vergüten zu wollen. So weigert sich die Google-Tochter Youtube zum Beispiel hartnäckig, auch nur minimale Cent-Beträge an diejenigen auszuschütten, die die Inhalte herstellen, mit denen sie wiederum Milliarden verdient, und schiebt den "schwarzen Peter" den Verwertungsgesellschaften zu.

Das europäische Urheberrecht muss gestärkt und verbessert werden, damit es eine Vielfalt der Kultur in Europa gibt, und damit die Kunst- und Kulturschaffenden unter halbwegs menschenwürdigen Umständen leben und arbeiten können. Kunst und Kultur sind keine Hobbies oder Nebensächlichkeiten, sondern ein wichtiger Pfeiler für Demokratie und Wirtschaft.

Forderung

Grundgesetz und Urheberrechtsgesetz garantieren Urheberinnen und ausübenden Künstlerinnen* die Integrität ihrer Werke und die Möglichkeit, ihre wirtschaftliche Existenz auf eine angemessene Vergütung aus der Nutzung ihrer Werke zu gründen.

Urheberinnen und ausübende Künstlerinnen wollen und benötigen wie alle Bürgerinnen eine freiheitliche und effiziente Informations- und Kommunikationsstruktur des Internets. In der ablaufenden Legislaturperiode (2013 – 2017) sind mehrere Gesetzgebungsprojekte zur Stärkung der Urheberinnen und ausübenden Künstler*innen sowie zur Anpassung des Urheberechts an die Erfordernisse der digitalen Gesellschaft beschlossen worden. Besonders die Reform des Urhebervertragsrechts hat positive Ergebnisse erbracht, ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Erforderlich ist die Erweiterung der Vorschriften zur Stärkung des individuellen und des kollektiven Vertragsrechts auch auf der Ebene der EU. Wir fordern, dass die Bundesregierung sich hier weiterhin engagiert.

  1. Ausnahmeregelungen für Schule, Bildung und Wissenschaft funktionsfähig machen

Vor allem in den letzten Jahren ist das kritische Verhältnis von Schülern, Lehrern, Studenten und Wissenschaftlern zum Urheberrecht, das sie zu Unrecht als Hemmschuh für die Nutzung von Rechten im Schul- und Bildungsbereich verstehen, gewachsen. Wir unterstützen die Grundlage des gerade beschlossenen Gesetzentwurfs, der für nahezu jede Schranke eine angemessene Vergütung für Urheberinnen und Rechtsinhaberinnen, zu verwalten durch Verwertungsgesellschaften, vorsieht. Wichtig ist, dafür zu sorgen, dass die vorgesehenen angemessenen Vergütungen für Urheberinnen, ausübende Künstlerinnen und Rechtsinhaber*innen von den Trägern der Schul-, Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen, also in der Regel von der öffentlichen Hand, auch tatsächlich erbracht werden. Im Bereich der Vervielfältigungen muss Sorge getragen werden, dass Vergütungen technologieneutral erhoben nicht durch bestehende „Deckelungen“ um ihre Wirkung gebracht werden.

  1. Vergütungsansprüche für die Privatkopie und für bestimmte Plattformnutzungen stärken und ausbauen

Wir unterstützen die schon seit langem gesetzlich erlaubte Werknutzung zu privaten Zwecken. Die Vergütungspflicht hierfür, auch bei Nutzung modernster Technologie, wird von niemandem in Frage gestellt. Das neue Verwertungsgesellschaftengesetz hat die Bedingungen für die Durchsetzung und Verwaltung der Vergütungsansprüche verbessert, aber sie sind immer noch nicht optimal. Wichtig ist vor allem, dass das System auch auf europäischer Ebene gestärkt und nicht in Frage gestellt wird, denn es ist ein wichtiges Modell für andere Bereiche der unkontrollierbaren Massennutzung von Werken.

Wir unterstützen von diesen positiven Erfahrungen ausgehend Überlegungen aus der Urheberrechtswissenschaft, die darauf abzielen, bestimmte Formen der Nutzung von Plattformen, z.B. im Bereich des „user generated content“, also den von Nutzer*innen ausschließlich für private, nicht kommerzielle Zwecke vorgenommenen Zugriffen auf fremde Werke in Form der Einführung einer Schranke zu legalisieren. Voraussetzung ist, dass die Plattformbetreiber hierfür angemessene Vergütungen entrichten, soweit sie nicht bereits mit einzelnen Gruppen von Rechteinhabern, z.B. im musikalischen Bereich, andere geeignete Vergütungsformen vereinbart haben.

  1. Urhebervertragsrecht ausbauen

Das Urhebervertragsrecht schafft die Grundlage für einen fairen Ausgleich zwischen Werkverwertern, Urhebern und ausübenden Künstlern und damit die Voraussetzung für eine erfolgversprechende gemeinsame Rechtseinräumung der Gesamtheit der Rechtsinhaber*innen. Weite Bereiche der Kulturwirtschaft, vor allem Filmproduktionen und Sendeunternehmen haben die Nutzen von allgemeinen Vergütungsregeln neben Tarifverträgen erkannt. Die Reform des Jahres 2016 hat wichtige Vorschriften des individuellen und des kollektiven Vertragsrechts gestärkt, aber nicht alle Erwartungen erfüllt. Im individuellen Urhebervertragsrechts sind wir der Auffassung, dass zunächst die Auswirkungen der jüngsten Reform überprüft werden sollten. In jedem Fall sollte die Rückrufmöglichkeit eingeräumter Rechte weiter ausgebaut und generell die urhebervertragliche Position wissenschaftlicher Autoren weiter verbessert werden. Im kollektiven Urhebervertragsrecht halten wir die Forderung aufrecht, dass Einigungsvorschläge der Schiedsstelle zu gemeinsamen Vergütungsregeln für verbindlich erklärt werden sollten. Weiter sollte das Verbandsklagerecht ausgebaut werden.

  1. Urheberpersönlichkeitsrecht wahren Das Urheberpersönlichkeitsrecht garantiert die Werkidentität und -integrität. Es darf nicht in Frage gestellt werden, auch wenn neue technische Möglichkeiten seine Beeinträchtigung ermöglichen. Wir halten die derzeit geltenden Bestimmungen für genehmigungspflichtige Bearbeitungen und freie Werknutzung für interessengerecht. Sie lehnt Forderungen nach Sonderbestimmungen für „transformative Werknutzung“ wie „Remixes“ oder „Mashups“ ab, ist aber zu einer Diskussion über eine praxisgerechte Fortentwicklung des § 24 UrhG (freie Werknutzung) bereit.

  2. Verwertungsgesellschaften stärken Urheberinnen und ausübende Künstlerinnen benötigen Solidarität und starke Partnerinnen zur Durchsetzung ihrer Interessen, aber auch zur Geltendmachung ihrer Vergütungsansprüche. Unersetzbare Partnerinnen dafür sind die deutschen Urheber- und Künstler-Verwertungsgesellschaften und ihre ausländischen Schwesterorganisationen. Die durch Umsetzung der EU-Verwertungsgesellschaftsrichtlinie geschaffene neue Rechtslage sollte in angemessenem Abstand auch unter Berücksichtigung ihrer Anwendung in anderen Mitgliedsstaaten überprüft und ggf. modifiziert werden. Geprüft werden muss insbesondere, inwieweit Bürokratieauflagen die Arbeit der Gesellschaften beeinträchtigen, ohne den beabsichtigten Nutzen zu erbringen.

  3. Schutzfristen Ein starkes Urheberrecht benötigt Schutzfristen, die den wirtschaftlichen Schwankungen bei der Auswertung von Werken gerecht werden und damit die nachhaltige Erzielung der angemessenen Vergütung über einen längeren Zeitraum sicherstellen. Wir sehen deshalb keine Notwendigkeit, urheberrechtliche Schutzfristen zu verkürzen. Jede Verkürzung entwertet die Rechte der Urheberinnen und ausübenden Künstlerinne und schadet ihnen.

  4. Rechte durchsetzungsstark machen, Missbräuche verhindern

Wir halten es für unverzichtbar, dass Urheberrechte und die Rechte ausübender Künstlerinnen durchsetzungsstark und angemessen ausgestaltet sind. Das gilt auch gegenüber Rechtsverletzungen, die im Internet geschehen; wir wenden uns gegen eine exzessive Sanktionspraxis. Gerade neuere Urteile des EuGH führen jedoch dazu, dass der Zugriff im Geschäftsverkehr auf Inhalte von Webseiten bedenklich erweitert werden, z.B. durch das sog. „Framing“. Dies führt nicht nur zu Kontrollverlusten, sondern auch dazu, dass den Urheberinnen und ausübenden Künstler*innen die wirtschaftlichen Vorteile aus der lizensierten Nutzung ihrer Werke teilweise oder ganz entzogen werden, weil der EuGH durch die Erweiterung der digitalen Nutzungsrechte unkontrollierbaren Zugang und erweiterte, auch kommerzielle Nutzungen, ermöglicht hat.

Es ist deshalb unbedingt erforderlich, dass bei der Anpassung des Urheberrechts an die Bedingungen der Informationsgesellschaft nicht nur die Interessen der Netzbetreiber, der Plattformen und der Nutzer*innen im Vordergrund stehen, sondern die Kreativen, ohne deren Beiträge die Informationsgesellschaft ohne Inhalte wäre, geschützt und ihre wirtschaftlichen und materiellen Interessen berücksichtigt werden.

Das Urheberrecht unterliegt ständigen Wandlungen. Wir möchten zur Zukunft des Urheberrechts Positionen beziehen, die die Interessen der kreativen Menschen, deren Arbeit nach allgemeiner Ansicht immer noch im Mittelpunkt des Gesetzes steht, zur Geltung bringen, denn die Werke und Leistungen dieser Urheberinnen und ausübenden Künstlerinnen bilden das Fundament von Kulturwirtschaft und Informationsgesellschaft.

Kosten

Es entstehen keine zusätzlichen Kosten, es wird nur dafür gesorgt, dass die Kunst- und Kulturschaffenden einen Anteil an den Gewinnen erhalten. Dies ist ein Grundrecht und kein Almosen.

Durch eine Stärkung der Künstlerinnen und Urheberinnen soll ein Ausgleich zwischen "David und Goliath" geschaffen werden. Die Marktmacht der US-amerikanischen Konzerne wird beschränkt zugunsten der angemessenen Vergütung derjenigen, die Kunst- und Kulturgüter schaffen - und dies oftmals unter prekären Arbeitsbedingungen tun müssen.

Finanzierungsvorschlag

Beispiel Plattformen:

Die Plattformen erwirtschaften einen großen Teil ihrer Milliarden-Gewinne über kulturelle Inhalte (circa 62 Prozent).

Wir möchten sicherstellen, dass ein angemessener Anteil daran an diejenigen fließt, die unter oftmals prekären Arbeits- und Lebensbedingungen diese Inhalte herstellen.

Die Finanzierung findet also durch eine gerechtere Aufteilung der Gewinne statt.

Arbeitsweise

Unsere Forderungen sind Zitate aus der aktuell von der "Initiative Urheberrecht" herausgegebenen Stellungnahme für die kommende Bundestagswahl.

In der Initiative Urheberrecht arbeiten über 35 deutsche Verbände und Gewerkschaften zusammen, die die Interessen von insgesamt rund 140.000 Urheberinnen und ausübenden Künstlerinnen vertreten. Dieser Zusammenschluss hat sich über mehrere Jahre intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt und vertritt unserer Meinung nach adäquat die Interessen der Kunst- und Kulturschaffenden, und eben nicht die der großen Konzerne.

www.urheber.info

Argument der Initiator*innen

Plattformen wie Youtube verdienen Milliarden mit künstlerischen Inhalten - die Menschen, die diese Inhalte erschaffen haben, gehen leer aus.

Kunst und Kultur sind Arbeitsbereiche wie alle anderen auch. Menschen, die in künstlerischen Berufen arbeiten, sollten dies unter professionellen und menschenwürdigen Bedingungen tun können.

Bestimmte Positionen, die wir hier vertreten, sind zur Zeit sehr unpopulär - vor allem deshalb, weil sich noch nicht viele Menschen mit der komplexen Materie beschäftigt haben. Wir möchten einen Anstoß dazu liefern, dies zu tun.

Denn Kunst und Kultur sind kein Luxus, sondern ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft.

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Abgelehnt

Urheberrecht im Dienst am Gemeinwohl

Das 21. Jahrhundert braucht andere Regeln des Umgangs mit immateriellen Gütern als das bisherige Urheber- und Patentrecht.

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Diese Debatte enthält keine Argumente.
Es wurden keine Vorschläge eingebracht.