Verhütung darf nicht am Geld scheitern (für finanziell Benachteiligte)

Wir fordern die Übernahme der Kosten für Verhütung für Menschen die finanziell benachteiligt sind.

Diese Initiative wurde abgelehnt.

Initiator*innen
Sara
Dirk Oehler
Alexandra Pelle Klöckner
Veröffentlicht am
1. Juli 2017
Bereich
Gesundheit, Ernährung & Verbraucher*innenschutz
Einordnung
Einzelinitiative
Ebene
Bund

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Angenommen
Ergebnis der Abstimmung

Diese Initiative wurde abgelehnt, weil eine Variante (s.o.) mehr Ja-Stimmen bekommen hat.

thumb_up 61
thumb_down 13

74 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.

Das waren 19 Prozent aller 384 Abstimmungsberechtigten.

Mehr und mehr Menschen weichen auf unsichere Methoden aus oder verhüten gar nicht, weil das Geld nicht reicht. Nur bei jungen Frauen bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten. Ansonsten müssen sie selbst getragen werden, auch von Personen, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen. VIelen von ihnen fehlt schlicht das Geld. Aber Verhütung darf aber nicht am Geld scheitern. Jeder Mensch hat das Recht, unabhängig von seinem/ihrem sozialen Status, die Verhütungsmethode zu wählen, die zu ihm oder ihr passt, größtmögliche Sicherheit bietet und für sie/ihn gesundheitlich verträglich ist. Die Übernahme der Verhütung vermeidet unerwünschte Schwangerschaften, gesteht jeder Familie und jeder Frau Familienplanung zu und bedeutet eine Reduzierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Wir fordern die Übernahme von Verhütungskosten, insbesondere von finanziell benachteiligten Menschen!

Problembeschreibung

Art. 9 und 7 der Charta der sexuellen und reproduktiven Rechte der IPPF, aufgegangen in Erklärung der sexuellen Rechte der WHO, 2002 besagen: „Das Recht auf Gesundheit...“ und „Das Recht auf freie Entscheidung für oder gegen ... die Gründung und Planung einer Familie sowie das Recht zu entscheiden, ob, wie und wann Kinder geboren werden sollen“ ist neben den Menschenrechten eines der wesentlichen Rechte eines Menschen.

Ungewollt Schwangere klagen zunehmend über die hohen Kosten sicherer Verhütungsmittel. Mehrere aktuelle Studien belegen, dass mehr und mehr Frauen auf unsichere Methoden ausweichen oder gar nicht verhüten, weil das Geld für Pille oder Spirale nicht reicht. Das Bild der Frau, die „aufgeklärt und langfristig ihre Bildungswege und Berufskarriere plant“, die über Zugang zu Verhütungsmitteln verfügt, entspricht nicht der Realität. Die ökonomische Situation ist sehr oft eine andere. Manchen von ihnen fehlt schlicht das Geld für die für sie richtige Methode. Aber Verhütung darf aber nicht am Geld scheitern. Jeder Mensch hat das Recht, unabhängig von ihrem/seinem sozialen Status, die beste Verhütungsmethode zu wählen, die zu ihr/ ihm passt, größtmögliche Sicherheit bietet und für sie/ihn gesundheitlich verträglich ist. Die Gesundheit, die Freiheit und die Bürgerrechte werden beim Zugang zu sicherer und erschwinglicher Verhütung verteidigt.

Fast alle Verhütungsmittel (außer Kondome, Portiokappe, Sprays, Gele, Vaginaltabletten und Schaumzäpfchen) müssen über ein Rezept bezogen werden. Nur bei jungen Frauen bis zur Vollendung des 20. Lebensjahres übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten (§ 24a SGB V). Alle anderen müssen selbst die finanziellen Mittel aufbringen . So auch Frauen, die Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II beziehen, müssen ab ihrem 20. Geburtstag Verhütungsmittel grundsätzlich selbst bezahlen. Wer staatliche Leistungen erhält, um seinen Lebensunterhalt zu sichern, kann sich ärztlich verordnete Verhütungsmittel oft nicht leisten. Denn es gibt keine Einzelfallhilfe nach sozialen Kriterien für besonders benachteiligte Frauen, für junge Frauen in Ausbildung, für Schülerinnen oder Studentinnen und auch nicht für obdachlos gewordene Menschen, die das 20 Lebensjahr erreicht haben. Es sind keinerlei Hilfen für diese Frauen vorgesehen oder verfügbar.

Bis 2004 gab es im Sozialgesetz eine sogenannte „Hilfe zur Familienplanung“. Das Sozialamt übernahm die Kosten für Verhütungsmittel, die der Arzt oder die Ärztin verschrieb. Durch die Hartz-IV-Gesetzgebung fiel diese Möglichkeit weg. Anstatt dass die realen Kosten übernommen werden, bekommen die Menschen seither einen Regelsatz, der eine Pauschale für „Gesundheitspflege“ in Höhe von 17 Euro enthält. Von dieser Pauschale müssen Hartz-IV-EmpfängerInnen alle benötigten nicht-verschreibungspflichtigen Arznei- und Heilmittel (wie z. B. Kopfschmerztabletten oder Heuschnupfenmittel) bezahlen. Aber eben auch Verhütungsmittel. Eine monatliche Pillenpackung kostet zwischen 4,50 und 22 Euro, der Verhütungsring 16 bis 22 Euro pro Monat. Spiralen und Implantate sichern die Verhütung für mehrere Jahre und sind auf lange Sicht kostengünstiger. Aber die einmaligen Kosten liegen bei 300 bis 400 Euro. Wie sollen diese Kosten aus dem Regelsatzbetrag von Hartz-IV bestritten werden? Ein Ansparen ist kaum möglich.

Einzelne Städte und Länder haben mittlerweile kommunale Lösungen gefunden. Bei limitierten finanziellen Mitteln reicht das Geld oft nur einige Monate. Bestimmte und vor allem teure Methoden wie Sterilisation werden oft gar nicht übernommen. Und gerade diese Methoden können Menschen mit niedrigem Einkommen selbst nicht finanzieren.

Die Übernahme der Kontrazeption würde unerwünschte Schwangerschaften vermeiden, jeder Familie und jeder Frau Familienplanung zugestehen und eine Reduzierung der Schwangerschaftsabbrüche bedeuten.

Forderung

Folgende Personen sollten ab dem vollendeten 20. Lebensjahr von den Kosten für ärztlich verordnete Mittel zur Empfängnisverhütung vollständig entlastet werden:

− Leistungsberechtigte nach dem SGB II,

− Leistungsberechtigte nach dem SGB XII,

− Leistungsberechtigte nach § 6a BKGG,

  • SGB VIII für stationäre Unterbringung nach §§30, 34, 35.

− Empfängerinnen von Leistungen nach dem BAföG,

− Empfängerinnen von Leistungen nach dem WohngeldG,

− Bezieherinnen von Berufsausbildungshilfen,

− Leistungsempfängerinnen und -empfänger nach dem AsylbLG; hier auch vor dem 20. Lebensjahr und

− Personen mit vergleichbar geringem Einkommen.

Da Paare häufig zusätzlich aber auch als einziges Verhütungsmittel Kondome benutzen (zur Verhinderung der Übertragung von Infektionen) und bedürftige Männer auch Recht auf Verhütung haben sollen, sollen auch Kondome, Portiokappe, Sprays, Gele, Vaginaltabletten und Schaumzäpfchen für diese Personen frei zugänglich sein.

Kosten

Mehrere Studien zeigen, dass das kostenlose Angebot an Verhütungsmitteln, durch die Reduktion von ungewollten Schwangerschaften und der damit verbundenen Kosten, mehr öffentliches Geld spart als es Kosten verursacht. Es fallen Verwaltungskosten an.

Finanzierungsvorschlag

Die Finanzierung soll mit über das solidarische Modell der Finanzierung durch die Allgemeinheit (Steuermittel) abgewickelt werden.

Arbeitsweise

Die Daten, auf die sich diese Initiative stützt, stammen aus wissenschaftlich fundierten und belastbaren Quellen oder wurden durch die Expertise von Betroffenen sowie im Gesundheitssektor tätigen Menschen eingebracht. Wir haben uns an den Forderungen von ProFamilia (Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung) orientiert. Eine Übersicht der Quellen, auf die sich Teile der ausgearbeiteten Forderungen stützen:

Dr. Carola Bury, Referentin für Gesundheitspolitik Arbeitnehmerkammer Bremen: "Das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung, zwischen Menschenrecht, persönlicher Lebensplanung und sozialen Risiken" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/444/vortrag-1.pdf Prof. Dr. Uta Meier-Gräwe, Universität Gießen, Sachverständige 1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Expertin für Frühe Hilfen: "Kosten und Nutzen Früher Hilfen - Was Frühe Hilfen mit Familienplanung & Kosten von Verhütung zu tun haben" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/451/vortrag-2.pdf Peipert, M. D. "Abortion rates fall with free contraception." CONtRACEPtIVE tECHNOLOgy UPDAtE (2012). Petra Schmittner, Frauenbüro Lübeck: "Übernahme der Kosten ärztlich verordneter Verhütungsmittel – Vorstellung verschiedener Modelle" - http://www.profamilia-sh.de/downloads/451/vortrag-2.pdf frauen leben 3 - Familienplanung im Lebenslauf von Frauen Forschungsbericht - Schwerpunkt: Ungewollte Schwangerschafte https://publikationen.sexualaufklaerung.de/cgi-sub/fetch.php?id=856 Siegel, Niel S., and Reva B. Siegel. "Contraception as a Sex Equality Right." Yale LJF 124 (2014): 349. http://www.profamilia-sh.de Trussell, James. "The cost of unintended pregnancy in the United States." Contraception 75.3 (2007): 168-170. Foster, Diana Greene, et al. "Cost savings from the provision of specific methods of contraception in a publicly funded program." American Journal of Public Health 99.3 (2009): 446-451. Lule, Elizabeth, Susheela Singh, and Sadia A. Chowdhury. "Fertility regulation behaviors and their costs: Contraception and unintended pregnancies in Africa and Eastern Europe and Central Asia." (2007). Secura, Gina. "Long-acting reversible contraception: a practical solution to reduce unintended pregnancy." Minerva ginecologica 65.3 (2013): 271-277.

Argument der Initiator*innen

Verhütung ist ein Menschenrecht. Mit der Vergrößerung der Schere zwischen arm und reich weichen mehr und mehr Frauen auf unsichere Methoden aber für sie billigere doch nicht unbedingt am besten geeignete Verhütungsmittel aus oder sie verhüten gar nicht, weil sie kein Geld dafür zur Verfügung haben. Dies führt zu ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüchen.

Es wurde auch folgende Variante eingebracht

Angenommen
Diese Debatte enthält keine Argumente.
Es wurden keine Vorschläge eingebracht.