Ein Europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Gesellschaftliche Debatten in Europa machen Halt vor nationalen und vor allem sprachlichen Grenzen. Und das, obwohl politische Entscheidungen längst über innereuropäische Grenzen hinweg getroffen werden. Politische Entscheidungen in Europa aber brauchen eine begleitende öffentliche, europäische Debatte, um breite Akzeptanz zu finden. Ein gemeinsamer europäisch öffentlich-rechtlicher Rundfunk soll dazu einen Beitrag leisten.

Diese Initiative wurde angenommen.

Initiator*innen
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Claudia Trapp
Friedrich Bohn
Veröffentlicht am
14. März 2018
Bereich
Demokratisches und solidarisches Europa
Einordnung
Einzelinitiative
Ebene
Bund
Ergebnis der Abstimmung

Diese Initiative wurde angenommen.

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107 Personen haben an dieser Abstimmung teilgenommen.

Das waren 10 Prozent aller 1033 Abstimmungsberechtigten.

Geschaffen werden soll ein europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunk, der in allen Amtssprachen der EU sendet. Der Fokus soll zunächst auf Politik, Nachrichtensendung, Talkshows, Kommentare und Reportagen liegen. Um die Vielfalt der nationalen Debatten Europas widerzuspiegeln, sollen bestehende nationale öffentlich-rechtliche Redaktionen eingebunden werden.

Problembeschreibung

Es fehlt eine europäische Debatte für europapolitische Entscheidungen. Wenn solche Debatten überhaupt entstehen, werden diese meist durch die nationalen politischen Akteure bestimmt. Somit fehlt eine europäische politische Willensbildung jenseits der nationalen Debatten.

Europaweit vertrauen die Bürger*innen den klassischen Medien Rundfunk (59%) und Fernsehen (51%) eher als der Europäischen Union (41%) bzw. nationalen Regierungen (35%) und sozialen Medien (21%). Trotz dieses Vertrauens gibt es keinen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk [1].

Viele Europäer*Innen empfinden Entscheidungen der Europäischen Union als von “oben aufgesetzt”, da in breiten Bevölkerungsschichten hauptsächlich auf nationale Informationskanäle zurückgegriffen wird. Bestehende Öffentlich-rechtliche sind aber oft von nationalen Narrativen geprägt [5, 6].

Euronews geht in die richtige Richtung, ist aber zu westeuropäisch geprägt, zu klein, und inzwischen privatisiert [2]. Arte wurde mit dem Ziel gegründet, Deutsche und Franzosen über die Kultur einander näher zu bringen [3,4] und hat heute seinen Schwerpunkt auf Kultur gelegt. Beide senden nicht auf allen 24 Amtssprachen der Europäischen Union.

Forderung

Kurzfristig soll eine europäischen Nachrichtensendung geschaffen werden. Diese Nachrichtensendung wird durch die nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender ausgestrahlt. Insbesondere für die Zusammensetzung der Redaktion, gelten die folgenden Forderungen bzgl. des europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks entsprechend.

Mittelfristig soll ein europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunk geschaffen werden. Dieser baut schrittweise auf die oben geforderte europäische Nachrichtensendung auf.

1) Das gesamte Programm sollte originär auf Englisch sein. Möglichst das gesamte Programm, mindestens aber Nachrichten und politische Talkshows, sollen auf allen 24 Amtssprachen der Europäischen Union sowie Gebärdensprache übersetzt werden oder zumindest mit Untertiteln versehen werden.

2) Das Programm richtet sich an alle Europäer*Innen aller Gesellschaftsschichten.

3) Es sollen gesamteuropäische und auch verschiedene nationale Thematiken behandelt werden.

4) Das Programm soll die vorhandenen gesellschaftlichen Debatten in den Mitgliedsstaaten aufgreifen. Also weder eine paneuropäische Sicht, noch eine westeuropäische Sicht, oder sonst eine regional spezifische Perspektive einnehmen. Vielmehr sollen diese nebeneinander gestellt werden. Deshalb soll:

a) Die Redaktion sich paritätisch aus Redaktionsmitgliedern der nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zusammensetzen.

b) Im Programmbeirat sind Vertreter*innen aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union vertreten.

5) Die Finanzierung soll durch die vorhandenen Mittel der nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erfolgen. Eine finanzielle Beteiligung von Unternehmen, Staaten, Institutionen der Europäischen Union oder anderen Dritten ist nicht möglich.

6) Auch nach Schaffung des europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks zeigen die nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einmal täglich die tägliche europäische Nachrichtensendung vor oder nach einer nationalen Nachrichtensendung.

7) Sämtliche ausgestrahlten Inhalte werden über eine Mediathek der Öffentlichkeit möglichst lange zur Verfügung gestellt.

8) Der europäische öffentlich-rechtliche Rundfunk gibt sich ein Statut, in dem er sich den folgenden Prinzipien verpflichtet:

a) Transparenz aller seiner Entscheidungen, insbesondere seiner Einnahmen und Ausgaben

b) Unabhängigkeit, Pluralismus, Ausgewogenheit und Unparteilichkeit

c) Journalistischen Prinzipien, insbesondere der Fairness, Objektivität, Trennung von Information und Kommentar

d) Verzicht auf Werbeeinblendungen und Werbeunterbrechungen

e) Achtung des Prinzips der Völkerverständigung, der Würde des Menschen, moralischer, weltanschaulicher oder religiöser Überzeugungen

9) Falls ein oder mehrere nationale öffentlich-rechtliche Rundfunke sich nicht beteiligen oder ein Mitgliedstaat keinen nationalen öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat, gilt folgendes:

a) Redaktionsmitglieder werden aus dem jeweiligen Mitgliedsstaaten direkt eingestellt.

b) Das Recht zur Beteiligung des Mitgliedstaats am Programmbeirat bleibt unberührt.

c) Nachrichten und meinungsbildungsfördernde Inhalte können den jeweiligen nationalen privaten Rundfunksendern zur Verfügung gestellt werden. Die Bereitstellung muss kostenlos erfolgen.

d) Ein späterer Beitritt bleibt möglich.

10) Ein Austritt wird 5 Jahren nach Austrittserklärung wirksam, solange bleiben alle Rechte und Pflichten bestehen.

Kosten

Es entstehen keine zusätzlichen Abgaben für die Bürger*Innen.

Finanzierungsvorschlag

Die Kosten sind stark abhängig vom Programm. Daher kann hier schwer eine Prognose getroffen werden. Nachrichten und andere Politikinhalte sind aber relativ günstig im Vergleich zu z.B. Eigenproduktionen und Übertragungsrechte. Als Orientierung für einen europäischen öffentlich-rechtlichen Rundfunk könnten die Kosten von “arte” mit 127,98 Mio. € jährlich dienen. Wie bei “arte” soll die Finanzierung durch die bestehenden nationalen Öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten getragen werden. In Deutschland sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit 8 324,3 Mio. € jährlich ausgestattet - die Kosten von “arte” liegen also bei 1%. Da sich alle 27 ÖRR Europas beteiligen sollen, dürften die Kosten für einzelne Nationen aber geringer ausfallen.

Arbeitsweise

Die Diskussion auf dem Ideenmarktplatz: https://marktplatz.bewegung.jetzt/t/europaeischer-oeffentlich-rechtlicher-rundfunk/14280

Quellen:

[1] http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/index.cfm/Survey/getSurveyDetail/instruments/STANDARD/yearFrom/1974/yearTo/2018/surveyKy/2143

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Euronews

[3] https://de.ambafrance.org/20-Jahre-europaischer-Kulturkanal

[4] https://www.arte.tv/sites/de/corporate/files/contratdeformationarteactu2009de.pdf

[5] http://www.spiegel.de/wirtschaft/europaeische-union-wir-sind-kein-volk-noch-nicht-a-1194068.html#ref=nl-dertag

[6] http://bruegel.org/2018/02/tales-from-a-crisis-diverging-narratives-of-the-euro-area/

Argument der Initiator*innen

Politische Entscheidungen brauchen einen begleitenden gesellschaftlichen Diskurs. Während immer mehr Entscheidungen auf der Ebenen der Europäischen Union getroffen werden, bleiben die gesellschaftlichen Debatten im Nationalen stecken. Ein gemeinsamer Diskurs bindet ein und schafft Akzeptanz, auch für Entscheidungen, denen man ablehnend gegenübersteht.

Es wäre utopisch zu behaupten, ein europäischer öffentlich-rechtlicher Rundfunk würde auf einen Schlag eine gesamteuropäische Debatte in Gang setzen. Jedoch wäre er ein wichtiger Baustein: Es wird eine gemeinsame Informationsbasis geschaffen, eine gemeinsame Perspektive auf Europa gegeben und eine Plattform zur Verfügung gestellt, die es ermöglicht, die eigene Meinung auf europäischer Ebene darzustellen sowie die Meinung anderer zu hören.

Dadurch, dass in allen Amtssprachen der Europäischen Union gesendet werden soll, wird die sprachliche Barrierefreiheit gewährleistet.

Der Fokus soll zunächst auf Nachrichten und Politik gerichtet sein. Nachrichtensendungen, thematische Schwerpunktsendungen, politische Talkshows, Kommentare, Satire, Kabarett und investigative Reportagen. Ergänzt wird das Programm bei Bedarf um kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Hintergründe.

Arte und euronews machen im kleinen vor, was geschaffen werden soll. Beide sind jedoch zu westeuropäisch geprägt. Euronews ist inzwischen privatisiert. Arte setzt eher auf Kultur als auf Politik. Beide senden in relativ wenigen Sprachen. So gehen beide in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Dass soll der europäisch öffentlich-rechtliche Rundfunk ändern.

Die Reform der Rundfunkanstalten sollte basierend auf der Initiative Reform ÖRR weiterentwickelt werden. https://abstimmen.bewegung.jetzt/initiative/133-reform-der-rundfunkstaatsvertrage-zur-verpflichtung-der-orr-sender

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PRO
Aus meiner Sicht sollte viel mehr europaweit gemeinsam gestalltet werden. Es gibt aber kleinere Probleme.
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PRO
Für mich hat die Idee einen gewissen Charme und ist, wenn die EU als Ganzes betrachtet wird, vielleicht auch schon lange überfällig.
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KONTRA
Reicht nicht die kurze Lösung einer europäischen Nachrichtensendung? Wollen die Menschen überhaupt mehr wissen?
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PRO
EU-Bürger als Nutznießer einer EU weiten Regelung
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KONTRA
Ich möchte das nicht, nicht mal ein bisschen.
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KONTRA
Nicht vermittelbar für die Rundfunkanstalten und die Zuschauer.
In Sinne meines Pro-Arguments und im Sinne von Forderungspunkt: